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Saiu na mídia

22 de julho de 2014

São Paulo: Alles endet im Karneval

Por: Web Matser

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São Paulo ist nicht nur Schauplatz des WM-Halbfinales, sondern auch des größten Gay Pride der Welt. Im Mai zog er 2,5 Millionen Menschen an. Ein Stimmungsbild aus dem Homo-Herzen Brasiliens

queer-travel.net 09.07.2014 – “Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transsexuelle – wir haben die Avenida Paulista fest im Griff”, ruft die Moderatorin ins Mikro. “Lasst uns zeigen, dass wir viele sind, und lasst uns um unser Recht kämpfen, in dieser Gesellschaft zu existieren!” Um mich herum reißen drei Millionen Menschen euphorisch die Arme nach oben und geben einen ohrenbetäubenden Schrei von sich. Ich bekomme Gänsehaut.

Genau in diesem Moment starten die DJs die Musik, dumpfe Bässe wummern aus den Boxen, und diese unglaubliche Menschenmenge, viele davon in bunten Kostümen, tanzen hinter den 14 Lastwagen her in Richtung Stadtzentrum: Der Gay Pride von São Paulo beginnt. “So viele Menschen, habe ich noch nie im Leben zusammen gesehen”, sagt João de Oliveira, ein Besucher aus dem Süden, und tanzt euphorisch weiter. Längere Gespräche sind unmöglich, die Musik und die mitsingende Menge übertönen alles. Keine Zeit zu reden, sondern zu feiern, zu kämpfen. Für mehr Rechte.

Was sind schon 2,5 Millionen Menschen in einem Moloch von 30 Millionen?

Knapp drei Millionen Menschen auf einer schwul-lesbischen Demo? Was anderswo eine Sensation wäre, schrumpft in der Riesenstadt São Paulo zu einem Ereignis von Standardgröße. Was sind schon 2,5 Millionen Menschen in einem Ballungsraum mit – grob geschätzt – etwa 30 Millionen Menschen? Mit ihrer Kernbevölkerung von elf Millionen ist São Paulo die größte Stadt Brasiliens und auch im Weltmaßstab eine Mega-City.

Hier wurde 1822 die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal ausgerufen, hier brach 2013 die Protestbewegung gegen die politischen und sozialen Missstände des Landes los und zog das ganze Land mit sich, und hier findet seit den frühen 2000er-Jahren der größte CSD der Welt statt. 2004 schaffte es die Parada do orgulho (Stolz-Parade) von São Paulo sogar als größte Homo-Demo ins Guinness-Buch der Rekorde.

Auch am 4. Mai 2014 demonstrierten Menschen aus ganz Brasilien für die Rechte der LGBT-Community. Vom Fußball-Taumel inspiriert, forderten sie “Ein Weltmeister-Land ist eines ohne Homolesbotransphobie”. Im Frühjahr ahnte ja noch niemand, wie schmählich Brasilien im Halbfinale gegen Deutschland untergehen würde. Auch Staatspräsidentin Dilma Rousseff twitterte einen zuversichtlichen Solidaritätsgruß zum Pride und warb bei der Gelegenheit für eine Hotline, unter der Opfer homophober Übergriffe Unterstützung finden.

Die Motels sind ausgebucht. Sie dienen in Brasilien als Liebesnester

Sexistische Gewalt ist im boomenden Brasilien ein großes Thema. Allein 2013 sollen mehr als 300 Personen aus homo- oder transphoben Motiven heraus getötet worden sein, so die unabhängige Bürgerrechtsbewegung Grupo Gay da Bahia. Im Gegensatz zu Deutschland ist Brasilien noch ein Baby, was schwule Rechte angeht, eine macho-dominierte Gesellschaft, in der Diskriminierung alltäglich ist, genauso wie Kriminalität. Viele Touristinnen und Touristen haben Angst vor diesem Koloss, der im Gegensatz zum berühmten Rio nicht am Tag, sondern in der Nacht lebt. Doch die Sorgen sind übertrieben. São Paulo ist eine lebensfrohe Stadt, das kulturelle Zentrum Brasiliens – und hier schlägt das schwul-lesbische Herz des Landes.

Am Abend des 4. Mai komme ich schon etwas angetrunken ans Ziel der Parade: die Praça da República im Homo-Zentrum der Stadt mit zahlreichen Bars, Discos, Saunen, Sex-Clubs und Stunden-Hotels. Auf dem Weg zur Hauptbühne wird geküsst, geflirtet und natürlich, wie in Brasilien zu erwarten, eine Menge nackte Haut gezeigt. Als die Parada nach knapp 24 Stunden zu Ende geht, beginnt erst der geschäftigste Teil des Pride-Wochenendes: Die Motels, die in Brasilien vor allem als Liebesnester dienen, sind dann voll belegt mit denjenigen, die sich für eine Party zu zweit entschieden haben. Flexiblere verbringen die Nacht im Sauna-Hotel Champion am Largo do Arouche. Es erstreckt sich über fünf Stockwerke und hat rund um die Uhr geöffnet.

Alle anderen feiern jetzt auf Partys. Die Auswahl ist riesig, denn in São Paulo gibt es mehr schwule Bars, Clubs und natürlich auch Saunas als in jeder anderen Stadt Latein-Amerikas. Nach der Parade sind sie alle überfüllt: The Week, das Bubu, wo sich die schwule Schickeria trifft, A Loca, wo der Underground tanzt und natürlich die vielen Bars und Kneipen um den Largo do Arouche. Hier feiert “das Volk”. São Paulo ist ein Spiegelbild der brasilianischen Gesellschaft: Reiche und Arme treffen kaum aufeinander, auch die LGBT-Szene trennt sich nach der Demonstration – obwohl auf der Parade noch alle gemeinsam für dieselben Ziele gekämpft haben. “Alles endet im Karneval”, sagt man in Brasilien: An ganz besonderen Tagen sind alle Menschen gleich.

QUEER TRAVEL-Autor Ivan Olimpio Alves stammt aus São Paulo, lebt aber schon seit 20 Jahren in Deutschland, derzeit in Berlin. Dort ist er kein Unbekannter, er arbeitet als Host in der Puro Sky Lounge.

Reisetipps für den Gay Pride São Paulo
Der britische Guardian hat ein Video vom Gay Pride 2014 in São Paulo ins Netz gestellt. Aktuelle Informationen zur nächsten Parada do orgulho São Paulo bietet die offizielle Website der Parada do orgulho unter paradasp.org.br.

QUEER TRAVEL (22/07/2014)

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